127/2024 | Kleiner Eingriff, große Wirkung: Vorfahrt für Fassadenbegrünung!

Begründung:

Mit der städtischen Förderrichtlinie „Stuttgarter Grünprogramm“ unterstützt die Stadt seit 2014 private Maßnahmen zur Begrünung und Entsiegelung von Innenhöfen und Freiflächen sowie Dächern und Fassaden. Das Programm ist ein zentraler Baustein auf dem Weg zur klimaresilienten und wassersensiblen Stadt. Jedoch werden gegenwärtig fast ausschließlich Dachbegrünungen umgesetzt. Die Begrünung von Fassaden kommt in Bestandsgebieten nur schleppend voran. Auch kommt die Stadt selbst ihrer Vorbildfunktion nicht nach: So hat bis heute kein städtisches Objekt, das sich zur Fassadenbegrünung eignet, wie vom Gemeinderat zum Doppelhaushalt 2018/2019 beschlossen, eine grüne Fassadenhaut erhalten.

Dabei sind die ökologischen, ökonomischen und sozialen Effekte grüner Fassaden hinreichend wissenschaftlich dokumentiert. Um nur einige der Vorteile zu nennen: Sie schützen vor Lärm und Hitze, binden Feinstaub und CO2, fördern die Artenvielfalt, verbessern das Bioklima und sorgen für Wohlbefinden bei den Menschen im Quartier.

Die Sensibilisierung und Ermächtigung der Gesellschaft für dieses wichtige Zukunftsthema ist nicht zu vernachlässigen. Durch geeignete Maßnahmen können viele Stuttgarter*innen über die Wichtigkeit grüner Fassaden für präventive Klimaanpassung informiert werden. Singapur bewirbt beispielsweise städtisches Gärtnern durch Mitmachaktionen, in Paris werden 200.000 Quadratmeter Dach- und Fassadenbegrünungen auf kommunalen Gebäuden errichtet, in Zürich führen Spazierrouten zum Thema Hitzeminderung an Schwammstadt-Elementen und Grün-Oasen vorbei. In Stuttgart gibt es nicht minder kreative Vorstöße, die Mut machen zum Ausprobieren.

Dafür müssen Lösungen nicht immer komplex sein, wie aus einer Abschlussarbeit der PH-Karlsruhe von 2021 hervorgeht, die sich mit einer vergleichenden Betrachtung kommunaler Fördermaßnahmen im In- und Ausland befasst. (1)

Um die Umsetzung von Fassadenbegrünung im Bestand niederschwelliger zu gestalten, bitten wir die Fachverwaltung um Prüfung folgender Maßnahmen:

1. Für eine vereinfachte Installation von Grünfassaden sollen Punkteingriffe in öffentliche Gehwege möglich gemacht werden, um bodengebundene Wurzelräume herzustellen. Konkret könnte unserer Auffassung nach bis 20 cm Tiefe in den Gehweg eingegriffen werden. Wir regen hierzu einen möglichst unbürokratischen digitalisierten Genehmigungsablauf an und verweisen auf das Verfahren im Stadtplanungsamt Magdeburg, das mittels einer Vereinbarung zur Fassadenbegrünung Anwohnenden unter Berücksichtigung bestimmter Maßgaben ermöglicht, Eingriffe im öffentlichen Straßenraum durchzuführen. (2)

2. Die Bereitschaft zur Fassadenbegrünung steigt, wenn Informationen zur Durchführung, Pflege und den rechtlichen Rahmenbedingungen transparent verfügbar gemacht werden. Für gängige Fragen könnte ein niederschwelliges Online-Beantragungsverfahren sowie ein digitaler Leitfaden eingeführt werden, der sich auch an Wohneigentümergemeinschaften richtet und rechtliche Fragen beantwortet (s. bspw. (3)). Über den Klimainnovationsfonds wird beispielsweise in der EFEU-Linie mit „Str.auch“ eine DIY-Anleitung zur Begrünung von Balkonen und Dachterrassen mit Materialien aus dem Baumarkt gefördert. Derartige DIY-Anleitungen für Fassadenbegrünungen sollten auf der städtischen Website zur Verfügung gestellt und um Erklärvideos ergänzt werden. Ebenso könnte das Angebot ortsansässiger Fachbetriebe zur Pflege und Wartung von Grünfassaden in einer Online-Datenbank übersichtlich dargestellt werden.

3. Der Ruf nach mehr Grün ist bei allen Generationen laut: Bei der diesjährigen Kinderversammlung entstand die Idee, eine mobile Gartenwerkstatt nach Art des Spielmobils „Mobifant“ bereitzustellen. Ein Kleintransporter mit Gartenmaterialien könnte demnach verschiedene Orte in Stuttgart anfahren, um Kindern und Eltern Wissen über Pflanzen und das Gärtnern zu vermitteln.

4. In der Niederschlagswassergebührensatzung von 2005 finden Grünfassaden bislang keine Erwähnung. Wir regen daher an, für Grünfassaden in § 6 "Abweichende Berechnungen" einen ergänzenden Passus aufzunehmen, der bei fachgerechter Umsetzung einer Grünfassade eine pauschale Gebührenminderung nach sich zieht.

Wir beantragen:

Die Fachverwaltung berichtet im Ausschuss für Klima und Umwelt

1. zum aktuellen Stand des „Stuttgarter Grünprogramms“ hinsichtlich Antragslage und Mittelabfluss durch die Förderrichtlinie.

2. zu den oben genannten Maßnahmen 1-4 und gibt hierzu eine fachliche Einschätzung ab bzw. unterbreitet dem Ausschuss Vorschläge zur konkreten Umsetzung.

3. wie im Rahmen der Klimachen-Kampagne das Thema Fassadenbegrünung öffentlichkeitswirksam transportiert werden kann.