Umnutzung vom Gustav-Siegle-Haus – eine Chance fürs Leonhardsviertel!

Mit Blick auf die Mehrheitsverhältnisse im Gemeinderat ist es keine besonders gewagte Prognose: Das Konzertforum auf dem ehemaligen Rilling-Areal in Bad Cannstatt wird kommen. Trotz einiger positiver Aspekte, die für das Projekt sprechen, sind für uns als Fraktionsgemeinschaft PULS derzeit allerdings noch zu viele große Fragen offen, um uns hierzu bereits klar zu positionieren – etwa zur Finanzierung und wichtigen städtebaulichen Themen.

Nichtsdestotrotz wollen wir die mögliche Realisierung des Konzertforums proaktiv als Chance für Stuttgart und die Stadtgesellschaft begreifen. Denn: Mit der Findung einer neuen Spielstätte für die Stuttgarter Philharmoniker eröffnen sich neue Nutzungsmöglichkeiten im sanierungsbedürftigen Gustav-Siegle-Haus – und dabei sollten wir unbedingt die Bedarfe des Viertels in den Fokus rücken. Perspektivisch könnten hier beispielsweise soziale Treffpunkte, Räume für Sport und Bewegung oder Bildungseinrichtungen entstehen. Damit würden wir als Stadt auch den Ergebnissen des Planspiels "Zukunft Leonhardsvorstadt" gerecht, bei dem Anwohner*innen vielfältige Ideen und Bedarfe abseits eines Kulturbetriebs einbrachten.

Klar ist, dass sich hierfür derzeit noch kein zeitlicher Rahmen absehen lässt – klar ist aber auch, dass wir einen langen Leerstand im Gustav-Siegle-Haus unbedingt vermeiden sollten. Deshalb haben wir die Verwaltung damit beauftragt, uns aktuelle und perspektivische Raumbedarfe im Quartier darzulegen und Szenarien für eine Umnutzung des Gustav-Siegle-Hauses zu erarbeiten. Im Falle eines temporären Leerstands soll die neugegründete AG Zwischennutz für mögliche Interimsbespielungen mit einbezogen werden. „Das bislang quasi abgeschottete Siegle-Haus völlig neu zu denken, ist eine wunderbare Chance im Herzen der Stadt", begründet PULS-Stadtrat Thorsten Puttenat (Die Stadtisten) seinen Antrag. "Wichtig wird nicht zuletzt sein, den Bedarfen der Nachbarschaften gerecht zu werden.“

Dennoch möchten wir bei dieser Gelegenheit auf unsere Bedenken hinsichtlich eines Konzertforums auf dem Rilling-Areal zu sprechen kommen. Auch wir sehen den Bedarf für das Kammerorchester sowie die Stuttgarter Philharmonika und erkennen gute Ansätze im Nutzungskonzept des Intendanten Markus Korselt. Ebenso versprächen wir uns durch ein Konzertforum positive Effekte für die Quartiersentwicklung in der Neckarvorstadt. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass wir unsere dortigen Sanierungsziele als Stadt mit dieser Umsetzung nicht erreichen können. Das müssen wir gegenüber der Stadtgesellschaft aufrichtig kommunizieren. Hinzu kommt die Tatsache, dass wir angesichts der drängenden Probleme unserer Zeit das scheinbar grenzenlose Volumen kultureller Großprojekte klar infrage stellen. Besonders mit Blick auf unsere so ambitionierten wie notwendigen Klimaziele als Stadt brauchen wir in Stuttgart unbedingt eine deutliche Projektpriorisierung.

Umso wichtiger ist es für uns als PULS, dass Projekte, die wir in Stuttgart realisieren, dann auch einen echten Mehrwert für die Stadtgesellschaft bieten. Wird das Konzertforum als Ort der Hochkultur auf dem Rilling-Areal realisiert, wünschen wir im Gustav-Siegle-Haus zukünftig eine Nutzung, die den Bedürfnissen des Viertels und seiner Bewohner*innen entspricht.